WIR SUCHEN JETZT IM GEFÄGNIS!
Wo soll man sich sonst nach Arbeitskräften umschauen, wenn sich niemand bewirbt? Dieser Ansicht ist zumindest der Leiter einer Kunststofftechnik Firma in Lübeck. Warum er im Knast nach neuen Mitarbeiter:innen suche erzählt er in einem Interview mit DIE ZEIT: „Wir sind auf Jobmessen, wir schalten Anzeigen, wir gehen in Schulen und wir suchen über die Industrie- und Handelskammer nach Auszubildenden.“ Und wenn man so niemanden erreicht, wieso nicht auch dort suchen, wo entsprechendes Potenzial vielleicht vorhanden ist? Vor einigen Jahren schien es noch ein Unding zu sein, jemanden aus dem Gefängnis einstellen zu wollen, wenn sogar schon eine Lücke im Lebenslauf ein ausreichender Grund war, um eine Bewerbung abzulehnen. Diese Zeiten sind längst vorbei. Das merkt auch der Lübecker Kunststoffbetrieb, denn im letzten Jahr haben sie ganze 0 Bewerbungen auf ihre Ausbildungsstellen erhalten. Wenn man nach dem Unternehmen im Internet sucht, findet man weder eine richtige Karriereseite, noch Social-Media-Kanäle… vielleicht sollte man auch an diesen Stellschrauben drehen, wenn man Bewerbungen erhalten möchte…? Wenn man nicht im Internet auf Anhieb gefunden wird, existiert man für die Bewerber:innen gar nicht als möglicher Arbeitgeber. Was ist aus der Idee mit dem Gefängnis geworden? Da das nächstgelegene Gefängnis eine Werkstatt habe, werden nun einige Aufträge dorthin abgegeben. Hauptsächlich handelt es sich um die Kontrolle fertiger Teile und deren Aussortierung, aber darüber hinaus werde es auch ein Gespräch mit einer Mitarbeiterin der JVA geben, um eine Mögliche Zusammenarbeit en Detail zu besprechen. Was dieser Artikel beweist? Manchmal muss man eben ein bisschen kreativer an die Sache rangehen und vor allem von der Idee loslassen, dass es einen Arbeitgebermarkt gäbe. … und, dass vor allem Aussagen wie „Wir haben immer schon Plakatwerbung geschaltet, das machen wir weiter so“, einfach aus der Zeit gefallen sind. Mit einfacher Plakatwerbung erreichen Sie die junge Zielgruppe nicht, da muss ein ausgeklügeltes Social-Media-Recruiting-Konzept entwickelt werden. Daran kommt man nicht mehr vorbei, entweder man akzeptiert diese Bedingung, oder nimmt billigend hin, dass einem die Arbeitskräfte ausgehen. Würden Sie Mitarbeiter aus dem Gefängnis rekrutieren?